Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Vielen herzlichen Dank für die Einladung, weil ich mich auch sehr gefreut habe, in dieser Reihe
sprechen zu dürfen. Es geht um postdigitale Kunstgeschichte. Ich habe in der Vorbereitung
darüber nachgedacht, wie ich das am besten mache. Ich habe vor einem halben Jahr in Passau
bereits einen Vortrag zu digitalen Kunstgeschichten gehalten. Er ist auch online, wenn jemand anschauen
möchte. Deswegen möchte ich Ihnen etwas Neues zeigen. Andererseits kann ich nicht davon ausgehen,
dass alle, die hier sind, eine gute Vorstellung davon haben, was ich mit digitaler Kunstgeschichte
eigentlich meine. Deswegen habe ich Ihnen einen ganz kurzen Zusammenfassung in einer Folie
zusammengestellt. Das ist überhaupt nicht vollständig, sondern einfach nur ein paar Bereiche,
in denen das, was man digitale Kunstgeschichte nennen könnte, aktiv ist. Das geht natürlich aus.
Jetzt würde man erst einmal denken, zumindest vom digitalen Bild. Wobei, wenn man in die Geschichte
der digitalen Kunstgeschichte zurückschaut, dann war das zuerst einmal die datenbanktechnische
Erfassung von Metadaten. Das ging zwar sehr schnell auf, aber zunächst waren das große
Datenbankprojekte. Die Bildderitalisierung wurde dann langsam immer besser, bis man zu so sehr
guten, hochauflösenden Bildern gekommen ist, die tatsächlich auch für die Forschung, gerade auch im
Bereich der technischen, der Materialforschung, sehr gewinnbringend sind. Man hat aber diese
Bilder natürlich dann, diese digitalisierten Bilder, auch nicht nur für diese Einzelanalyse
im Bereich der Restaurierung zum Beispiel verwendet, sondern eben auch um vergleichende
Analysen durchzuführen. Dafür steht einfach beispielhaft das rechte Bild oben, also im
Vergleich verschiedener Bilder entweder stilistische Gemeinsamkeiten herauszufinden. Es wird auch
versucht inzwischen ikonografische Analysen durchzuführen, Zuschreibungen an Künstler
durchzuführen über rechnerische Analysen. Dieser ganze Bereich gehört zur digitalen
Kunstgeschichte. Der andere große Bereich, das habe ich versucht in der unteren Reihe
darzustellen, ist der Bereich der Visualisierung. Und das ist natürlich auch ganz breit. Das geht
historisch, würde ich sagen, zunächst mal zurück auf Computermodelle, Simulationen,
Rekonstruktionen in die Architekturgeschichte. Ich habe Ihnen hier aber jetzt ein Beispiel mitgebracht,
was ich auch in Passagio gezeigt habe, wo es einmal nicht um Architektur geht, sondern um ein
Gemälde, was ja auch man fragen kann, ob man sowas darf letztlich, nämlich ein Gemälde von van Eyck
einfach einmal digital zu manipulieren, um zu zeigen, dass diese Madonna in der Kirche
eigentlich eben extrem überlebensgroß ist, den Nutzern dieses Programms die Möglichkeit zu geben,
diese Madonna tatsächlich zu skalieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Das geht aber auch dann
um Visualisierung von großen Datenmengen. Dafür auch zwei Beispiele, einmal eines aus den
Forschungsprojekten von Lev Manovich, der eben Van Gogh-Gemälde im Prinzip als Thumbnails
analysiert hat, um die Entwicklung, die stilistische Entwicklung in Bezug auf Helligkeit
und Farbwerte der Bilder zu kartieren, kann man fast sagen. Und natürlich der große Bereich der
Visualisierung von Big Data, also wo es dann eher um die schematische Visualisierung, Netzwerk-Visualisierung
oder ähnliches geht. All das gehört zum Bereich der digitalen Kunstgeschichte und auch noch vieles
mehr. Nächste Woche, glaube ich, kommt Holger Simon in die Vortragsreihe, der natürlich auch sehr
viel im Bereich der Vermittlung arbeitet, mobile Vermittlungssysteme und ähnliches. Das rechnet
natürlich auch dazu. Vor diesem Hintergrund ist dann eben die Frage, was ist denn dann postdigital?
Und es geht mir eben heute gerade darum, Ihnen zu zeigen, dass es das nicht ist. Also ich möchte
hier nicht eine Geschichte aufzeigen, die behaupten würde, es gab mal eine analoge und prädigitale
Kunstgeschichte, dann gab es die Phase der digitalen Kunstgeschichte und jetzt begeben wir uns in eine
Phase der postdigitalen Kunstgeschichte. Es geht nicht darum, dass das etwas abgeschlossen ist
und etwas jetzt danach kommt, was man vielleicht mit dem Begriff Post erst mal verbinden könne.
Es ist eher so eine Idee, noch mal kritisch zu hinterfragen, was denn jetzt das Digitale
eigentlich bedeutet für unsere Gesellschaft. Also Sie können es ein bisschen vergleichen mit dem
Begriff der Postmoderne, die einerseits auch sagt, wir sind darüber hinaus die Moderne, als das einzige
Modell zu begreifen, mit dem wir unsere heutige Situation beschreiben können, sondern sie wird
eben eher so ein bisschen dekonstruiert und kritisch reflektiert. Ich komme darauf noch
Presenters
Prof. Dr. Katja Kwastek
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:01:20 Min
Aufnahmedatum
2014-11-13
Hochgeladen am
2014-11-18 11:43:58
Sprache
de-DE
Die Kunstwissenschaften haben in zweierlei Hinsicht mit digitalen Medien zu tun: einerseits als Arbeitswerkzeug und -plattform, andererseits als Gegenstand ihres Faches. Während Kunstwissenschaftlerr sich bereits seit den 1980er Jahren digitaler Technologien bedienen, begonnen die Künstler damit schon drei Jahrzehnte früher. Dementsprechend verlief auch die weitere Entwicklung in beiden Bereichen eher asynchron. Während die Kunstwissenschaften sich aktuell in einer Phase großer Euphorie bezüglich dieser Technologien befinden, hatte diese in der Kunst ihren Höhepunkt bereits in den 1990er Jahren. Heute wird hier bereits das Konzept des Postdigitalen propagiert. Postdigitalität bezeichnet allerdings keine Abkehr vom Digitalen, sondern gerade eine Phase, in der digitale Technologien so alltäglich geworden sind, dass eine klare Trennung zwischen ‚analog‘ und ‚digital‘ oder ‚real‘ und virtuell‘ nicht mehr möglich oder sinnvoll erscheint. Gerade aus diesem Grund wird eine kritische Neubewertung digitaler Technologien und unserer Nutzung derselben gefordert. Dieser Vortrag fragt, ob die digital humanities von diesem ‚Vorsprung der Kunst‘ profitieren können (oder müssten), um bereits jetzt in eine postdigitale Phase überzugehen?